29.06.2010

Der Sachsenlauf - oder "Die Kunst des Überholens ohne Einzuholen"

von Thomas Rewig

Der Orientierungsläufer ist dafür bekannt, dass er im Wald von Posten zu Posten eilt und dabei den für sich persönlich schnellsten Weg sucht. Dieser Weg ist ihm weder vorgegeben, noch markiert. Wenn eine Markierung auf den Wegen vorhanden ist und der Läufer diese einzuhalten hat, handelt es sich meist um einen Crosslauf. Dass jedoch der Freigeist eines Orientierungsläufers nicht unbedingt mit diesen Einschränkungen zurecht kommt und gerne in die Freiheit ausbrechen möchte, davon erzählt die folgende Geschichte:

An einem wunderschönen Jack-Johnson-Musik-Sommer-Sonne-Sonntag (27.06.2010) traf sich ein kleines Trüppchen USV'ler, um in Coswig am Sachsenlauf teilzunehmen. Frank und Kirstine Wolfram, die bei diesem Lauf ihren Trainingszustand für den kommenden Marathon kontrollieren wollten, hatten mich auf diesen wunderschönen 28km-Crosslauf aufmerksam gemacht. Wieland - den ich zur Teilnahme überredet hatte - und ich hatten keine besondere Zielstellung und waren einfach wegen dem Spaß an der Freude dabei. Ich hatte eine lange Verletzungspause hinter mir und war froh, endlich wieder mal zu laufen und auch Wieland hatte nicht extra auf so eine Strecke trainiert. Trotzdem dachten wir, dass wir als Orientierungsläufer nicht ganz so schlecht abschneiden würden, denn die Strecke bestand zu großem Teil aus mittleren und kleinen Sandwegen und 250 Höhenmeter waren auch mit dabei.

Nach dem Start war der flinke Wieland sehr schnell nicht mehr zu sehen und kämpfte in der Spitzengruppe um Positionen. Ich hatte mir vorgenommen erstmal neben Frank zu bleiben, da ich unsere Leistung ähnlich einschätzte und von seiner Erfahrung auf solchen längeren Strecken profitieren wollte. Doch als mich immer wieder Leute überholten, konnte ich mich nur teilweise zurückhalten und rannte diesen hinterher. Ich bemerkte schnell, dass ich zu kraftraubend unterwegs war und ließ diese Leute erstmal laufen, leider hatte ich da Frank schon nicht mehr neben mir und musste selbst eine angemessene Geschwindigkeit finden.

Es ging danach auf schönen kleinen Schotter- und Sandwegen durch die Wälder und Wiesen und ich hatte einen ähnlich starken Läufer gefunden, mit dem ich mich in Wechselführung durch die zu schnell gestarteten Läufergruppen kämpfte.

Leider machten ein paar Läufer vor mir an einem Berg einen Fehler und bogen falsch ab. Nach kurzer Zeit hörte ich es hinter mir rufen, dass dies der falsche Weg sei. Nicht die Kreidemarkierung auf dem Boden, sondern das Schild am Baum zeigte den richtigen Weg. Ich drehte sofort um und lief quer durchs Unterholz den Berg hinauf. Das ich hier nur 30 – 60 Sekunden verloren habe, kann man wohl als Orientierungsläuferbonus anrechnen.

Die nächsten Kilometer versuchte ich die verlorenen Plätze wieder aufzuholen und freute mich trotzdem noch über die schöne Gegend um das Moritzburger Schloss. Ein kurzes Stück verlief die Strecke dann auf einer asphaltierten Straße. Hier zeigte es sich deutlich, dass die Straßenläufer einfach schneller waren, aber der nächste Waldweg kam ja bald.

Bei Kilometer 24 überholte mich ein schnell laufender Frank, der sich die Kräfte besser eingeteilt hatte. Ich versuchte ihm zu folgen, merkte aber schnell, dass ich das mit meinem Trainingszustand lieber lassen sollte. Frank rief noch etwas, was wie „...unter 2 Stunden ... wird knapp ... hopp hopp hopp“ klang. Meine Antwort war ein einfaches, aber ehrliches „ ... Arghhh ...“, bevor Frank aus meinem Sichtfeld verschwand.

Die letzten Kilometer waren dann von kleinen Hügeln und Wegen mit tiefem Sand geprägt. Hier merkte ich deutlich, wie stark die anderen Läufer neben mir abbauten und ich konnte mich schnell von ihnen absetzen. Da ich mich jetzt – ohne Karte – selbst orientieren musste, weil ich niemanden mehr vor mir sah, achtete ich besonders auf die kleinen Schilder. Einmal war ich mir unsicher, und brüllte zu den Läufern hinter mir, ob dass der richtige Weg sei. Sie brüllten eine positive Antwort zurück und bald sah ich das nächste Schild und versuchte die letzten Meter nochmal Druck zu machen, denn auf meiner Uhr näherte sich die Zeit sehr schnell den 2 Stunden an.

Mit 1:59:31 schaffte ich es auch noch knapp und wurde im Ziel von einem (scheinbar :) schon sehr entspannten Wieland empfangen. Wieland war tapfer in der Spitzengruppe mitgelaufen, konnte aber den Tempoverschärfungen irgendwann nicht mehr folgen und kam auf einen tollen 10ten Rang mit 1:50:13 ins Ziel.

Sehr erstaunt war ich, als Frank 2 Minuten später als ich ins Ziel kam, denn ich hatte ihn nicht noch einmal überholt. Weder er, noch ich waren uns bewusst einen falschen Weg genommen zu haben. Somit hatte ich das Kunststück geschafft, Frank zu überholen, ohne ihn einzuholen. Wieder mal ein Fall von Orientierungsläufer ohne Karte...

Kirstine, die von Frank auf den letzten Metern eskortiert und von Wieland und mir nochmal angefeuert wurde, konnte mit einer Zeit von 2:36:41 ihre Zeitvorgabe und das Ziel erreichen und wurde mit dem zweiten Platz in ihrer Altersklasse und einem Massagegerät belohnt.

Abschließend kann man sagen, dass es ein wunderschöner, gut organisierter Lauf war, den man nur weiter empfehlen kann und mit Franks Worten hatte jeder seinen kleinen Sieg. Wieland eine tolle Zeit, ich war unter 2 Stunden geblieben, Frank war schneller als ich und Kirstine ist nachweislich bei ihrer Marathonvorbereitung auf einem guten Weg.

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