28.05.2016

Eine kleine Kurzgeschichte: SAXBO 2016 - Ein Sonntag im Mai

von Joachim Strobel

Wenn an einem Tag nichts läuft, dann kommt immer einiges zusammen. Aber meistens beginnt der Ärger schon viel eher. Meine Familie entschied sich am Sonnabendabend, mich doch nicht auf der Fahrt nach Oybin zu begleiten. Viel zu spät, um noch irgendwo eine Mitfahrtmöglichkeit aufzugabeln. Also nicht nur, daß ich am Sonntag viel eher aufstehen musste als an einem Werktag – ich hatte allein zu frühstücken und durfte mein eigenes Schweigen auf der zweistündigen Autofahrt ertragen. Ich hatte die Route über Schmilka gewählt und der Anblick einer Vielzahl alter Umgebindehäuser im Böhmischen, die schon seit Jahrzehnten auf bessere Zeiten warten, war nicht gerade dazu angetan, meine Stimmung zu verbessern.
Es war mein erster Wettkampf nach zweimonatiger Verletzungspause! Ausgerechnet SAXBO?! Prompt gab es die Quittung: Nach sechzig Laufminuten war der Akku leer. Eine Viertelstunde später hatte das Vakuum vom Kopf Besitz ergriffen und im letzten Drittel des Laufes vom Durst geärgert zu werden? Es war ja nur eine Mittelstrecke. Da ist ein Getränkeposten nicht unbedingt vonnöten bei Siegerzeiten weit unterhalb von einer Stunde.
Mich an der Schnellwertung im hinteren Teil der Ergebnisliste wiederzufinden? Das war erwartet worden – nicht jedoch, meinen Namen noch viel weiter hinten zu sehen als gedacht.
Dem Rest des Sonntagnachmittages etwas abzugewinnen direkt vor Ort, stieß nicht auf uneingeschränkte Begeisterung. Noch dazu fiel es mir schwer, plausible Antworten zu finden auf die Frage, ob ich während des Wettkampfes tatsächlich alles gegeben hätte, wenn ich jetzt noch mehrere Stunden wandern wöllte?! Zwar hätte ich im Team Geo- Caches suchen können, entschied mich dann aber doch für einen Monolog hinauf auf den Töpfer. Etwas ausgelaugter zu sein als gedacht? Ganz so überraschend war das nicht. Jedoch die Lücke zwischen meinem Zustand und der Zeitplanung war größer als prognostiziert und so mußte ich schweren Herzens auf einen Abstecher hinauf auf die Burgruine verzichten.
Müde vom Tag und dann auch noch die niedrig stehende Sonne permanent im Gegenlicht? Es gibt schönere Randbedingungen für eine Rückfahrt durch den dichten Verkehr heimfahrender Ausflügler.
Der SAXBO endete, so wie er begann – mit meiner Familie. Sie hätten sich gefreut, wenn ich zwei Stunden eher zu Hause gewesen wäre und nicht erst, als die Kinder begannen, den Abendbrottisch zu decken. Doch halt! Das stimmt so nicht ganz. Der SAXBO 2016 ist noch lange nicht zu Ende! Mein Körper hatte den Sonntag viel schlechter verkraftet als erhofft und dankte es mir am nächsten Morgen mit einer schmerzhaften Entzündung im Fuß, die mich noch über Tage an das Zittauer Gebirge erinnern wird.

Böhmen ist ein wunderschönes Land! Ich hatte zur Anreise nicht den schnellen Weg über die Autobahn gewählt, sondern durch das Elbsandsteingebirge beiderseits der Grenze. Auf der Ebenheit hinter Pirna zeigten sich einige Sandsteingiganten von Wolkenfetzen umweht und erhöhten noch die Vorfreude auf einen schönen Tag. Es war still und wenig Verkehr, auch auf den schmalen und engen Straßen vor und hinter Jetrichovice. So kurz hinter der Grenze – und doch fühlte ich mich über Minuten, als wäre ich in einer anderen Welt gelandet. Nicht die Welt von gestern und auch nicht die Welt von morgen – eben anders
Nette Leute und nette Gespräche auf der Oybiner Zielwiese vor und nach dem Lauf – was wäre ein Wettkampf ohne sie?! Selbst das Staunen, wie vielen meine längere Abwesenheit aufgefallen war, gehörte zum Tag. Ein Tag im Zittauer Gebirge ist immer ein Erlebnis, ganz egal wie man drauf ist und wie man abschneidet. Diesmal ein Lauf auf einer Karte im Maßstab 1:7500. Das verdient unbedingt Erwähnung.
Anschließend durch die beiden Felsengassen hinauf auf den Töpfer zu wandern? Was ist schon die Müdigkeit im Vergleich zu den sich bietenden Aussichten und Fernsichten?!
Zufällig traf ich noch einen der Wettkampforganisatoren im Wald. Bestimmt hätte es das sich daraufhin entspinnende längere Gespräch nie auf der Zielwiese gegeben, wo viel mehr Satelliten die Gestirne umkreisen, um ihre Fragen an den Mann bringen zu können.
Auf der Rückfahrt gab es noch einen kleinen Stop irgendwo bei Jetrichovice. Meine Neugierde war am Morgen geweckt worden, als ich vom Auto aus eine Holztreppe zwischen den Felsen verschwinden sah. Es war nur ein kleiner Rundgang – jedoch die aus dem Felsen herausgemeißelten und bemalten Figuren: Originell sahen sie schon aus.
Gegen den Abend durch das Sandsteingebirge fahren? Fast hätte man sich zurückversetzt fühlen können in die Zeit der Romantiker. Später konstatieren zu können, den ganzen Tag nicht an das gedacht zu haben, was ansonsten von früh bis abends durch den Kopf kreißt? Da gilt, was auch ansonsten zutrifft: Wenn man das Positive sucht, dann braucht man nicht lange zu suchen.

Ein Bericht vom SAXBO, bei dem man den Eindruck gewinnen könnte, alles hätte sich nur um mich gedreht? Falls dieser Eindruck entstand: Das habe ich nicht gewollt! Mal eine andere Sichtweise: Das schon eher.
Dabei hätte es so viel gegeben, was der Erwähnung wert gewesen wäre. Wo man anfängt und wo aufhört. Auf ersteres ist die Antwort eindeutig: Es hätte mit dem Sonnabend beginnen müssen, an dem ich nicht teilnahm! Wo man aufhört? Erwähnt man nur die Sieger, nennt man die Namen aller Platzierten oder listet man auf, wer in der Landeswertung unter die Top X kam? Nicht zu vergessen die Rahmenbedingungen! SAXBO ist immer ein Erlebnis, ganz egal auf welcher Seite der Grenze. Es war top organisiert, die Höhenmeter kamen nicht zu kurz und man hatte wie in den Vorjahren Sonnenschein bestellt und erhalten.
SAXBO 2017? SAXBO 2018? Ich werde kommen.

    Ergebnisse - Fotos