23.02.2018

Fasching zwischen Felsen - Portugal Orienteering Meeting 10.-13.02.2018

von Friedmar Richter

Kurze, kalte Tage, gesperrte Wälder und nicht genug Schnee zum Skifahren: Der aktuelle Winter kann einem derzeit ganz schön die Stimmung vermiesen. Doch statt Trübsal zu blasen, kann man auch proaktiv dagegen vorgehen, indem man, wie viele skandinavische und britische Orientierungsläufer auch, ein paar schöne OL-Urlaubstage im sonnigen Süden verbringt. Portugal und Spanien haben sich mit entsprechenden Trainingscamp-Angeboten und einigen schnuckeligen Mehrtage-OLs inzwischen gut auf die rege Nachfrage eingestellt und das Portugal Orienteering Meeting (kurz POM), das jedes Jahr rund um das Faschingswochenende stattfindet, ist mit regelmäßig über 2000 Teilnehmern wohl der beliebteste dieser Winterwettkämpfe.b

Diesmal waren wir vom USV TU Dresden gleich mit fünf Teilnehmern am Start: Anna Reinhardt, Andrej Olunczek, Anatoly Zelenin, Sebastian Knitsch und Friedmar Richter. Außerdem wurden Anatolys Eltern von der USG Chemnitz im Zuge der Online-Anmeldung gleich mal unter TU-OL-Flagge zugeordnet und Anna bekam noch Nationalkaderverstärkung in der Damenelite durch Arntraut Götsch vom USV Jena, die dafür extra aus Tromsö eingeflogen wurde.

Das POM wechselt jedes Jahr Ausrichterverein und Region. Letztes Jahr fand es in der nördlichen, dieses Jahr in der südlichen
Alentejo-Region statt, die durch schnelle, offene Korkeichenwälder gekennzeichnet ist. Die Korkgewinnung ist hier offensichtlich der
wichtigste landwirtschaftliche Gewerbezweig, aber auch die Schweine aus der Region sind durch ihre Eicheldiät weithin als Delikatesse bekannt.

Am Freitag vor dem eigentlichen Wettkampf gab es die Möglichkeit, drei verschiedene Model-Events in relevantem Gelände zu absolvieren. Hier erinnerte das nieselig-kalte Wetter auch noch einmal daran, dass es selbst in Portugal noch mitten im Winter ist. Veranstaltungszentrum und erste Etappe des POM befanden sich in der Welterbestadt Evora, die mit vollständig erhaltener mittelalterlicher Stadtmauer, engen Gassen und vielen historischen Gebäuden aus verschiedensten Epochen auf eine interessante Stadt-OL-Mitteldistanz hoffen ließ. Ohne Sperrgebiete, Quarantäne oder ähnliche Schikanen konnte man auf dem Weg von der Unterkunft zum Wettkampfzentrum schon den einen oder anderen Posten erspähen. Da es aber weniger um knifflige Postenstandorte, sondern eher um Routenwahlen ging und es die Postenbeschreibungen erst im Vorstart gab, war der Wettkampf doch für alle fair und im Gegensatz zum Vortag schön sonnig.

Die Waldetappen der nächsten drei Tage fanden allesamt rund um den kleinen Ort S. Sebastiao do Outeiro südlich von Evora statt. Auf der ersten Langdistanz standen knapp 18km/620hm bzw. 11,6km/405hm in den Eliteklassen auf dem Programm. Das klang nach einem langen, harten Tag.
Letztlich stellte sich heraus, dass der Veranstalter wohl 5m statt 2,5m Äquidistanz für die Höhenmeterbestimmung der Bahnen zugrunde gelegt hatte (was unsere GPS-Tracks bestätigten). So wurden es insgesamt flachere und sehr schnelle Läufe, bei denen es galt, Tempo UND Konzentration bis zum Ende hochzuhalten. Mit wenig Kartengrün und vielen offenen, parkähnlichen Abschnitten musste man so nah wie möglich an der roten Linie bleiben und nur hier und da einem Steinfeld ausweichen oder eine Zaunspassage anvisieren (dauernd über die allseits vorhandenen Stacheldrahtzäune zu steigen, kostet Zeit und Nerven, wenn man sich nichts aufreißen will). Die schnellsten Herren liefen um die 80 Minuten, also einen Schnitt von knapp über 4 Minuten/Kilometer - ein gutes Indiz für eine nur sehr geringe Laufbehinderung. Selbst die Sümpfe waren diesmal fast komplett trocken und lediglich über die abweichende Vegetation in der Landschaft wahrnehmbar.

Die Mitteldistanz fand auf gleicher, etwas nach Nordwesten erweiterter Karte statt. Die Anforderungen wie am Vortag: Hohes Tempo auf Zwischenstücken und Konzentration im Postenraum. Am Abend folgte dann noch ein urbaner Nachtsprint im Ort Portel mit seiner zentralen Burganlage, die für die meisten Bahnen zwei, drei anspruchsvolle Posten
bereithielt. Da der Sprint aber nicht in die Gesamtwertung einging, schonten sich viele Athleten für die Langdistanz am letzten Tag, indem sie entweder gar nicht teilnahmen oder nur locker den Kurs abtrabten. So kam auch der Autor in den Genuss, trotz Fehlern einmal schneller als Daniel Hubmann zu sein.

Jagdstart war angesagt bei der letzten Langdistanz des POM, zumindest für diejenigen, die sich weniger als eine Stunde Rückstand auf den ersten drei Etappen zu den Führenden geleistet hatten. Unsere Elitemädels kamen in diesen Genuss, während ich mich mit allerhand Herren in den Massenstart begeben durfte. Hier galt es, am Anfang die Intelligenz (nicht den Herdentrieb!) der Masse zu nutzen, ohne sich zu einem zu hohen Tempo hinreißen zu lassen. Durch zwei Phi-Loops direkt in etwas ausgedehnteren Felsgebieten wurden die Grüppchen dann aufgesprengt und auf der Schlussschlaufe nach dem Sichtposten hieß esnoch einmal zusammenreißen, denn die bisherigen Etappen hatten spürbar an den Reserven genagt. Geschafft, aber zufrieden konnte man dann im Ziel die Sonne genießen. Während viele Weltrangläufer direkt vor oder nach dem POM noch eine anspruchsvolle Trainingswoche anschließen, war unser weiteres Programm touristischer geprägt. OK, ein gemütlicher Trainings-OL war dann doch noch dabei.

Nächstes Jahr soll das POM dann übrigens an der Atlantikküste in und um Figuera d. Foz stattfinden. Urbanes Gelände und feinkuppige Dünenwälder, die wir bereits bei Trainings im letzten Jahr kennenlernen durften.

    ein paar Fotos - Veranstaltervideo letzter Tag - (P)Ostis Bericht - Ergebnisse aller Tage - Kartenarchiv aller Bahnen