European Orienteering Championships Ticino Switzerland 2018
Ganze 6 Grüne reisten vor zwei Wochen zur diesjährigen Europameisterschaft ins Tessin, in die Schweiz. Neben den drei B-Kader-Damen Anna Reinhardt, Patricia Nieke und Paula Starke schaffte es nach mehrjähriger Nationalmannschafts-Auszeit auch Wieland Kundisch ins Team. Josef Neumann vervollständigte das Trainerteam um Thomas Meier und Jan Birnstock. Und Kerstin Uiboupin lief für das estnische Team. Aus 6 Damen und 7 Herren bestand das deutsche Team insgesamt. Im Gegensatz zu den letzten Jahren besetzte Deutschland damit alle verfügbaren Startplätze.
Das Programm versprach eine verdammt anstrengende Woche. 5 Disziplinen in 8 Tagen, dabei noch jeweils ein Qualifikationslauf vor Sprint und Mitteldistanz. Wichtige Eindrücke bekamen wir im anspruchsvollen 10-tägigen Trainingslager über Ostern, inklusive WRE-Sprint und -Mitteldistanz in relevantem Gelände als Generalprobe. Anstiege und fiese Hangposten, steile Bergabpassagen.
Los ging es am Sonntag mit der Sprint-Qualifikation rund um das Castelgrande in Bellinzona. Hier gingen bis auf Wieland, der sich auf die Wald-Disziplinen fokussierte, alle an den Start. Nicht völlig überraschend, deshalb aber nicht weniger spektakulär, wurden wir in der Vorstartzeit auf der Stadtmauer lang bis oben auf die Burg geführt. Da die erste Routenwahl direkt am Start entschieden werden musste, zahlte sich gute Vorbereitung aus. In welchen Burghof muss ich? Was ist der schnellste Weg nach unten? Dank Google Street View hatte sicher so gut wie jede(r) im Vorfeld schon den einen oder anderen Spaziergang durch die Burg gemacht. Ich jedenfalls fühlte mich, als wäre ich dort oben schon einmal gelaufen. Aber egal wie gut die ersten Posten laufen, jeder Posten zählt und jeder Fehler ist einer zu viel. So war für Anna und mich, nach jeweils einem großen Fehler im Schlussteil, der Einzug ins Finale leider in weiter Ferne. Auch für Patschi reichte es nicht, allerdings ausschließlich aus läuferischen Gründen. Mit ihrem fast fehlerfreien Lauf ist sie trotzdem zufrieden. Umso größer war die Freude, dass wir mit Susen Lösch eine Deutsche im Finale am Nachmittag anfeuern konnten.
Große Hoffnungen lagen nun auf der Mitteldistanz-Quali. Der Einzug ins Finale war ein für uns sicher sehr hoch gestecktes, an einem guten Tag aber nicht unerreichbares Ziel. Allerdings war das Schicksal wohl ganz und gar nicht auf unserer Seite. Patschi knickte sich gleich auf dem Weg zum ersten Posten den Fuß um, musste abbrechen und konnte auch den Rest der Woche nicht mehr laufen. Wieland kämpfte mit einem Hangposten, ich vor allem mit mir selbst und fand nie so richtig ins Rennen. Anna kam dafür gut durch und konnte mit einem 23. Platz ein gutes Resultat erreichen. Wie gut, dass man Teamkollegen hat, für die man sich freuen kann. Mit unseren 3 A-Finalisten Susen Lösch, Dorothea und Phillip Müller konnten wir dann am nächsten Tag mitfiebern und die tollen Ergebnisse (15., 39., 27.) feiern.
Die zweite Hälfte der Woche begann mit der ersten Staffel, Mixed-Relay in Tesserete. Mir wurde nach meinem starken Start bei der WM letztes Jahr die Ehre zuteil, wieder laufen zu dürfen. Darüber habe ich mich sehr gefreut und die Erfahrungen gaben eine gewisse Sicherheit. Zwar konnte ich läuferisch von Anfang an leider kaum mithalten, aber es gelang mir immerhin, mein eigenes Limit richtig einzuschätzen und so Fehler weitestgehend zu vermeiden. Es fiel mir manchmal schwer das zu akzeptieren, aber letztendlich sind das die Läufe, auf die man zufrieden zurückschauen kann. Gerade bei Staffeln muss man auch mal ins Übertempo gehen, aber nichts ist schlimmer, als dann am falschen Gabelposten zu stehen und sich nicht mal mehr an seinen eigenen Namen zu erinnern. ;)
Weiter ging es am Samstag mit der Waldstaffel. Für manche war es der letzte Lauf. Anna und ich pausierten dagegen etwas unfreiwillig (ohne Patschi hätten wir unsere Staffel nicht zu Ende laufen können), um für die abschließende Langdistanz ausgeruht zu sein. Wieland durfte das zweite deutsche Herrenteam auf dritter Position verstärken. Bei Regen passierten ihm ein paar Fehler und auch mit seiner Geschwindigkeit war er nicht ganz zufrieden, dennoch kämpfte er sich durch und rangierten noch (erste) Staffeln hinter seiner.
Das Finale, die Königsdisziplin, Langdistanz: Die Qualifikation für die Langdistanz wurde abgeschafft, dafür werden die Startplätze auf Grundlage der Weltrangliste vergeben. Je drei für Deutschland. Auch Wieland durfte starten; im Gegensatz zu Anna und mir war er von Anfang an gesetzt. Was uns erwartete, war klar. Im Trainingslager hatten wir uns am Nachbarberg ausprobiert. Der dänische Trainer hatte nur einen Tipp an seine Athleten: Höhe sparen, wo es nur geht. Hätte ich mir auch mal auf die Hand schreiben sollen. So schlecht erschien es mir nicht, zur 10 gerade über den Berg zu stiefeln. Manchmal verliert man im entscheidenden Moment den Überblick. Richtig zum Verhängnis wurde mir dann erst der Abstieg: ein steiniges Loch, nasses Laub drum herum und ich lag kopfüber im Steilhang. Fuß umgeknickt und der Oberschenkel tat auch ordentlich weh. Die Welt kann unfair sein. Was macht man da? Keine Straße in Sicht, fast 100hm Steilhang in beide Richtungen. Man mag es als Heldentum bezeichnen oder eher Unvernunft, trotz Schmerzen lief ich weiter, am Ende noch bis ins Ziel, dem Adrenalin sei „Dank“. Die anderen beiden hatten mehr Glück, sie liefen flüssig ohne größere Fehler durch. Anna auf den 61., Wieland auf den 63. Platz. Ein versöhnlicher Abschluss.
Das war es. Fast. Die Party kam noch, ja. Diesmal müde-Beine-freundlich mit Buffet im Schwimmbad. Komplett mit Sauna, Whirlpool, Rutschen und Wasserball.
Aber das Wichtigste ganz zum Schluss: Ein riesengroßes Dankeschön an alle Unterstützer im Namen des ganzen Teams! Ob nun Zeit oder Geld, Trainer oder Trainingspartner, Spender oder Vereinsbeitragszahler oder Sofa-Anfeuerer, … ohne Euch könnten wir all das nicht erleben.
lustiges Trainingslager nahe der EM-Staffeln und -Lang - Ergebnisse, Karten, (bewegte) Bilder - Pepas Fotos - 900 Hm