08.10.2018

Weltcupfinale um die Ecke, um die südöstliche Felsecke

von Wieland Kundisch

2021 findet die reine Wald-OL-WM in Nordböhmen statt. Manche meinten wiederholt, das wäre doch was für mich. Meine ich nicht, ich bin 33. Ich laufe gerne Fels-OL, sicher öfter als die meisten deutschen OLer, und ab und an gelang mir auch ein sehr guter, aber deswegen muss und kann ich da doch nicht immer und automatisch gut sein – und die viel schnellere Weltklasse nicht gut. Forderer, Beobachter und Berichter beeinflussen immer auch „das Subjekt“ und sind nicht objektiv.

Große Erfolge passieren unerwartet, überraschen – oder zeichnen sich durch Konstanz aus, wie sie Simone Niggli meist gelang und in den letzten Jahren Tove Alexandersson, Daniel Hubmann, Olav Lundanes, Matthias Kyburz, ... gelingen. Meist, nicht immer. Die weltbesten OLer sind auch ein Vorbild in Sachen Menschlichkeit, Fehlbarkeit – und darin, ihre Freude am OL und Motivation fürs Training zu behalten bzw. manchmal wiederzufinden. Und genau deswegen bleibt doch auch gerade OL spannend.

Das Weltcupfinale vom 4.-7.10. in Prag, bei Turnov und in Mladá Boleslav hatte auch mich gelockt. Wobei eigentlich nur der Mitteldistanz-Lauf im Böhmischen Paradies, genauer bei der Festung Valdstejn – ebenso wie Patricia Nieke und auch Trainingsfreund Moritz Döllgast, die beide nächstes Wochenende für Turnov noch die Staffel- und Clubmeisterschaften laufen. Die drei Sprints hatten uns nicht gelockt, obgleich sie schick waren.
Für den Knock-out-Sprint muss sich das passende Format noch finden – bis zur Sprint-WM 2020 in Dänemark. Und das ist was für die „nächste Generation“.
Staffeln finde ich mittlerweile am spannendsten. Am Freitag startete der Junioren Europa Cup in der Schweiz und das erstmals mit einer Sprintstaffel und das parallel zu der des Weltcupfinals. Vom Höhenpark der Weltcup-Sprintstaffel konnte man halb Prag überblicken – wenn man sich die Zeit nahm.

Ich war im März mit tschechischen OLern und Postler Matthias Kretzschmar am gesperrten Gelände der Mittel vorbei gelaufen, hatte die Saison gut trainiert, aber am Freitag und Wochenende Kopfschmerzen und fühlten sich auch meine Beine nicht sooo frisch an. Das ist keine Bitte um Entschuldigung, es war einfach so. Ich freute mich auf den Lauf. Und Jan Birnstock sagte mir vor dem Vorstart nichts Neues, aber er erinnerte mich an Wesentliches, worauf es (bei mir) ankam. Und das kann entscheidend sein, helfen. An dieser Stelle kein Loblieb, sondern ein herzliches Dankeschön für sein langjähriges Traineramt. Als ich ein kleiner Sachsenkader war, war er Co-Trainer für jenen Landeskader, als ich Jugendlicher war, war er Juniorenbundestrainer, und jetzt ist er nach wie vor Damentrainer. Ja, es fehlen Trainer, aber ohne einzelne wie ihn, Nina Döllgast, Thomas Meier, ... und welche, die es mal waren, und viele, viele Heim- und Landestrainer, wäre OL-Deutschland noch viel ärmer dran.

Patricia und ich hatten unsere zur EM erhaltenen GPS-Westen vergessen. Unsere Laufhosentaschen reichten für den kleinen Live-Tracking-Sender aber aus.
In den 15min Vorstart liefen wir nach einander von einem relativ tief entfernten Fuß der Burg Valdstejn schließlich über ein extra errichtetes Metallgerüst auf diese. Und wie manchmal fühlte ich „sowohl als auch“: verrückt und genial, was die Ausrichter für die Eliteläufer tun. Oben konnte man noch kurz den Ausblick genießen, bevor sie uns 15 bzw. 45s nach einer vollen Minute bis auf die ersten 15min und den herrenreicheren Schluss im Wechsel Frau-Mann losließen und jede und jeder fernsehgerecht aus der Burg, über die Brücke und vorbei am Zieleinlauf und der vollen „Arena“ losjagte.

Ich erwischte einen guten Start, Posten 1 bis 5 standen, wo ich hinlief. Zur 2 (und 9 und 13) lief ich eine langsamere Route – was man im Wald zum Glück manchmal nicht mitbekommt. Bei Posten 6 verrutschte ich in der Postenbeschreibung bei der Lagebeschreibung am Objekt und fand die Postenbewacherin, aber nicht gleich den „versteckten“ Posten, bei 8 und 9 im Postenraum passierte es mir ähnlich. Dann lief es wieder flowig und hatte ich Freude. Zur 15 interpretierte ich eine Felswand auf der Karte oberhalb einer anderen, welche aber bereits wieder in die nächste Passage führte und machte somit einen kleinen Schlenker. Solche Schlenker, wie Fels-OL-Erfahrene wissen, dehnen sich schnell in mehrere Sekunden aus. Die 17 hatte ich auch mit Postenbeschreibung im Visier, doch sah ich den Posten in unmittelbarer Nähe nicht, wurde unsicher und kreiselte rund 45s: mein größter Fehler, der sich wie einer anfühlte. Zur 19 kam die für den Sieg Nykodyms im Nachhinein entscheidende Routenwahl. Ich lief quer, die Schnelleren außenherum. Dort schien es mir nicht so eindeutig, wie es schließlich war. Zum vorletzten respektive 21. Posten war es dafür wirklich eine Ungenauigkeit, die mich zu einer unnötigen Umlaufroute verleitete. Von meinem Vereinskollegen Heiko Gossel habe ich die Bahnlegermeinung, dass eine schwierigere Direktroute fehlerfrei ausgeführt schneller sein sollte. Vielleicht orientieren viele Spitzen-OLer mit heutigen guten Karten (bestes Beispiel die tschechischen hier) so gut, dass das oft nicht mehr gilt.
Ihn und auch Alexander Lubs sah ich im Zieleinlauf mich anfeuern. Fast hätte ich wie einige andere bei einer TV-Kabelbrücke mich bei der Ziellinie wähnend schon gestoppt.
Schön, dass einige (Dresdner) OLer als Fans da waren. Gute Zuschauerläufe bekamen sie in jedem Fall geboten, auch wenn es bei diesen um „nichts“ ging. Eben doch: ums Dabeisein und um prima OL. Weltmeister Helmut Conrad lobte den Lauf sehr.

Ich kann mich mitfreuen und mitfühlen: Kerstin Uiboupin, die noch viel zu selten in solchem Gelände lief, war zufrieden – genauso unsere Vereinskameradin Paula Starke, die jetzt erst einmal in Frankreich studiert und trainiert. Patricia, die zuletzt DM-Bronze gewann, war nicht glücklich mit ihrem Lauf, aber gibt natürlich nicht auf. „Silber-Doro“ – Dorothea Müller – vom Post SV passierte nach anfänglichem starken Start ein großer Fehler in der Nähe eines Kamerateams und sie sammelte so etwas schmerzlich eine Erfahrung mehr. Susen Lösch, Deutschlands derzeit deutlich stärkste OLerin, war nicht unzufrieden, haderte aber mit einigen Routenwahlen und merkte auch ihre lange Saison. Etwas aufpassen musste die Tagessiegerin (und schließlich Weltcupzweite) Karolin Ohlsson aus Schweden, dass sie nicht vor Freudensprüngen abhebt. Mit Franzose Thierry Gueorgiou hat sie einen besonders Weltklasse-erfahrenen Nationaltrainer. Die Siegerzeit und Zwischenzeiten der Damen verrieten, dass alle hier und da „patzten“. Eindrücklich liefen die Gastgeber. Zwar verpassten die Tschechinnen das Podium, doch reihten die ersten drei sich von Platz 7-9 direkt dahinter ein.
Miloš Nykodým hatten es manche zugetraut – um so erfreulicher, dass er in „seinen Felsen“ gewann – so wie Vojtěch Král bereits den Knock-out-Sprint. Tschechien ist endgültig OL-Weltspitze, nicht nur was die Organisation angeht.
Den deutschen Eliteherren fehlt einiges dazu, aber liegt das immer auch an Persönlichem und sollte man nicht alle über einen Kamm scheren.
In Prag werden seit Jahren die Karten für O-Ringen gedruckt, auch wurden die für die letzten beiden WMs dort gedruckt. Ein Kartenlehrgang informierte am Freitag u.a. hierüber.
Auch Österreich ist zuweilen bereits an der Weltspitze. Cornelia „Conny“ Eckardt scherzte, das sei früher nicht so gewesen, da war Deutschland vor Österreich.
Es kann viel passieren. ;-)

Zum abschließenden Sprint in Mladá Boleslav liefen nur die ersten 40 der Weltcuprangliste das A-Finale, alle anderen B-Finale oder eben den bahntechnisch nicht minder interessanten Zuschauerlauf.

Wenn man erzählt, dass man Sport macht, Trainer ist, wird man oft gefragt: Fußball? Im Radio sprechen sie von Sport und meinen: Fußball. WM sei Fußball-WM. So groß, wie Fußball (durch Geld) in Deutschland gemacht wird, nervt „er“ mich. Ich finde gut, wenn auch über andere Sportarten wie OL berichtet wird (In Tschechien sogar live). Und von Vorteil bleibt das „kleine“, unmittelbare Berichterstattung aus erster Hand.

Aber das Wichtigste bleibt, dass OL-Kinder, -Jugendliche und Elite-OLer, wenn sie gut sein wollen, unterstützt (nicht gedrängt) werden – finanziell (Förderverein, eigener Verein, Kader-Kalender, ...) und vorallem durch Training und gute Wettkämpfe. Und so hängt alles zusammen.

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