29.11.2020

Alte Orientierungsläufe - ein Blick zurück

von Wieland Kundisch

In und um Dresden wurden in den letzten Jahren gelegentlich Revival-OL, also OL-Karten samt OL-Bahnen von vor etlichen Jahren, angeboten.
Ein paar Vereinsleute liefen zuletzt bereits – einzeln und unabhängig voneinander – Helmut Conrads Strecke unserer 1. Vereinsmeisterschaft. Helmut lief sie auch noch einmal, nach 42 Jahren.

Andreas Lückmann vom Post SV Dresden bot bereits im Mai eine Herrenbahn der Frühlingsstaffel unseres Vereins von Ostern 1963 an. Neben der Originalkarte – schwarzweiß und ohne(!) Wege – auch „aufpoliert“ auf einer mit exakten Höhenlinien, mit Schummerung und teilweise als OL-Karte. Die Posten waren bisher unsichtbar an ihrer Position. Mit entsprechender Handy-App und geladenen pdf-Karten ertönt beim Erreichen der Koordinaten das Handy – ohne Anruf. Für Leute, denen dies Kauderwelsch bleibt und die lieber ohne modernes Handy durch den Wald hirschen, sind die Standorte jetzt auch schlicht mit einem Stück Absperrband markiert – bis auf den Hexenhäusel-Posten.
Wer also nicht bis auf den virenfreieren Frühling auf ein langes OL-Abenteuer warten will …
(siehe Link unten links). Es gibt neben viel Wald auch Pferde zu sehen. Die Familie kann auch das kleine nahe OL-Trainingsangebot nutzen und schickt den Papa oder großen Sohn auf große Runde und wartet dann …

Alte OL heißt alte Karten.
Eine erfahrene OL-Dame zu einem jungen Elite-OLer: Die Karten früher waren besser.
Nö, die heute sind doch besser.
Was denn nun? Sind sie vielleicht einfach sehr anders und sollte man sie lieber nicht vergleichen?!

Die Grundkarten zur Erstellung waren/ sind komplett verschieden, die Maßstäbe auch, die Zeichen teils. Anfangs gab es für diese keine Vorschriften, aber Harald Grosse, von dem u.a. die 1. OL-Karte des Tharandter Waldes stammt, kreierte mit die erste Version von OL-Kartensymbolen. Ein Jahr nach der hier nachnutzbaren Frühlingsstaffel machte er sich an die erste farbige OL-Karte (noch ohne Grün) außerhalb Skandinaviens. Vielleicht verdanken wir ihm das auch seiner Malfreude.

Die Originalkarte der DDR-weiten Frühlingsstaffel 1963 wurde in 1:25.000 herausgegeben. Euch steht sie in 1:20.000 und in „Lückes“ übertragener Version in 1:15.000 zur Verfügung (jeweils A3!).
Eine Staffelbahn über 12km – eine Bahn! Wenn man das mit einer heutigen Sprintstaffel vergleicht: die läuft insgesamt kaum so viel. Das meine ich nicht wertend, sondern ist doch interessant.
Rainer Müller, lief damals als Startläufer für Medizin Dresden, der schlussendlichen siegreichen Elitestaffel, die Strecke in 81 min. Beachtlich, findet nicht nur ein heutiger „Nachläufer“. Stellt euch – mit Originalkarte – auf zwei oder mehr Stunden ein. ;-)

Damals konnten die Karten kaum „so“ genau sein. Heute liegt viel Nutzen darin, sie nicht „zu“ genau zu erstellen, sondern wieder generalisiert, einfach gesagt: lesbar zu machen. Wie viel mehr ordentlicher Kompasslauf war damals erforderlich! Vertrauen wir ihm heute noch so? Und früher konnten sie noch zählen – ihre Doppelschritte. Im Fortschritt verlernt man halt auch eine Menge.
Vielleicht war die Zeit zwischen den 60ern und heute die „beste“? Joachim Gerhardts Gesamtkarte des Tharandter Waldes von 1990 war bunt und aufgeräumt. OL bleibt halt auch nicht stehen.

Also hebt einige schicke aktuelle Karten auf, irgendwann sind sie vielleicht Revival-tauglich! Wer weiß, ob die wirklich alle „so ewig“ in diesem Netz hier erhalten bleiben.
„Schau mal, 2020 liefen sie noch mit Papier!“
„Und die Karten waren noch zweidimensional und ohne Internetverbindung!“
„Überhaupt, liefen sie noch durch echten Wald, voll unvirtuell!“

    Frühlingsstaffel 1963 - hiesige Mitwirkung an OL-Geschichte - junge OL-Helden der 70er und 80er Jahre (von Jens Leibiger) - Als OL-Karten noch Verschlussache waren - Wald, jung und uralt